Die Einziehung nach den §§ 73 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) stellt ein mächtiges Instrument im deutschen Strafrecht dar, um rechtswidrig erlangte Vermögenswerte abzuschöpfen. Für Unternehmen kann diese Regelung erhebliche Gefahren bergen, da sie nicht nur strafrechtliche, sondern auch wirtschaftliche Folgen hat. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, warum die Einziehung für Unternehmen so gefährlich sein kann und illustrieren dies mit konkreten Beispielen aus der strafrechtlichen Rechtsprechung.
1. Was ist die Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB?
Die Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, Vermögenswerte, die durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt wurden, abzuschöpfen. Dies umfasst nicht nur den unmittelbaren Tatgewinn, sondern auch Surrogate und durch die Tat erlangte Vorteile.
a. Umfang der Einziehung
Die Einziehung kann sich auf verschiedene Vermögenswerte erstrecken, einschließlich Geld, Immobilien und anderen wirtschaftlichen Vorteilen. Sie betrifft nicht nur die Täter, sondern auch Dritte, die von der Tat profitiert haben.
b. Rechtsfolgen für Unternehmen
Für Unternehmen kann die Einziehung erhebliche finanzielle Belastungen bedeuten, da sie nicht nur die direkten Tatgewinne, sondern auch indirekte Vorteile und Erträge aus illegalen Handlungen umfassen kann.
2. Konkrete Gefahren für Unternehmen
a. Finanzielle Verluste
Die Einziehung kann zu erheblichen finanziellen Verlusten führen, die über die direkten Gewinne aus der Tat hinausgehen. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen Unternehmen von illegalen Handlungen ihrer Mitarbeiter oder Geschäftspartner profitieren.
b. Reputationsschaden
Ein Einziehungsverfahren kann den Ruf eines Unternehmens nachhaltig schädigen. Die Öffentlichkeit und Geschäftspartner könnten das Unternehmen als unzuverlässig und in illegale Aktivitäten verwickelt wahrnehmen.
c. Betriebsstörungen
Die Einziehung kann zu Betriebsstörungen führen, insbesondere wenn wesentliche Vermögenswerte betroffen sind, die für den Geschäftsbetrieb notwendig sind. Dies kann die Liquidität und die operative Fähigkeit des Unternehmens erheblich beeinträchtigen.
3. Beispiele aus der strafrechtlichen Rechtsprechung
Fall 1: Der „FlowTex-Skandal“
Im FlowTex-Skandal wurden massive Betrügereien durch das Unternehmen FlowTex aufgedeckt. Das Unternehmen hatte nicht existierende Bohrmaschinen verkauft und dadurch Kredite in Milliardenhöhe erschlichen. Nach der Aufdeckung wurden nicht nur die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt, sondern es erfolgte auch die Einziehung der durch den Betrug erlangten Vermögenswerte. Dies führte zur Insolvenz des Unternehmens und zeigte, wie tiefgreifend die Einziehung nach § 73 StGB wirken kann.
Fall 2: „Dieselgate“ bei Volkswagen
Im Rahmen des Abgasskandals („Dieselgate“) wurde Volkswagen beschuldigt, Abgaswerte manipuliert zu haben. Neben strafrechtlichen Sanktionen gegen einzelne Manager wurden auch Vermögenswerte des Unternehmens eingezogen, die durch die manipulierten Fahrzeuge erlangt wurden. Dies verdeutlichte, dass auch große, etablierte Unternehmen nicht vor der Einziehung sicher sind und wie teuer solche Maßnahmen werden können.
Fall 3: „Infinus-Finanzskandal“
Der Infinus-Finanzskandal betraf ein Unternehmen, das ein Schneeballsystem betrieben hatte. Die erlangten Gelder wurden durch die Einziehung abgeschöpft, was zur vollständigen Liquidation des Unternehmens führte. Dies unterstrich die Gefahr, dass die Einziehung auch zur vollständigen Auflösung eines Unternehmens führen kann.
4. Strategien zur Risikominimierung
a. Präventive Compliance-Maßnahmen
Unternehmen sollten robuste Compliance-Programme implementieren, um illegale Aktivitäten frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter und eine klare Unternehmenspolitik können dazu beitragen, Risiken zu minimieren.
b. Interne Kontrollen und Audits
Regelmäßige interne Kontrollen und Audits können helfen, potenzielle Verstöße frühzeitig zu identifizieren und zu beheben. Dies schafft Transparenz und stärkt die Rechtskonformität des Unternehmens.
c. Rechtsberatung und Verteidigungsstrategie
Im Falle eines drohenden Einziehungsverfahrens sollten Unternehmen sofort rechtlichen Beistand suchen. Eine frühzeitige und gut durchdachte Verteidigungsstrategie kann helfen, die Auswirkungen zu minimieren und mögliche Einziehungen abzuwenden oder abzumildern.
Fazit
Die Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB stellt eine erhebliche Gefahr für Unternehmen dar. Sie kann zu gravierenden finanziellen Verlusten, Reputationsschäden und Betriebsstörungen führen. Anhand konkreter Beispiele aus der Rechtsprechung wird deutlich, wie tiefgreifend die Auswirkungen sein können. Unternehmen sollten daher proaktive Maßnahmen ergreifen, um sich vor diesen Risiken zu schützen. Ein starkes Compliance-Programm, regelmäßige interne Kontrollen und eine umgehende rechtliche Beratung im Ernstfall sind entscheidende Schritte, um die gefährlichen Konsequenzen einer Einziehung zu vermeiden.